Diesel ist aktuell teurer als Benzin. Weshalb Heizöl oder Salatöl im Tank trotz hoher Spritpreise keine gute Wahl für den Motor sind, erklären ADAC Fachleute.
Die Preise für Benzin und Diesel sind in Deutschland aufgrund des Kriegs in der Ukraine so hoch wie nie zuvor. Verlockend also die Versuchung für Dieselfahrerinnen und -fahrer, ihren Tank mit preiswerterem Salatöl oder auch mit günstigerem Heizöl zu betanken.
Rapsöl beispielsweise ist im Supermarkt für etwa 1,50 bis 1,80 Euro pro Liter erhältlich – im Vergleich zum aktuellen Dieselpreis geradezu ein Schnäppchen mit einer Ersparnis von 10 bis 25 Prozent. Heizöl steht aktuell bei durchschnittlich 1,46 Euro pro Liter (Stand: 8. März 2022).
Schon die Verballhornung „Heizöl-Ferrari“ für schnelle Diesel-PKW zeigt, dass der gute alte Selbstzünder hart im Nehmen ist. Doch kann man wirklich Pflanzenöl in den Tank kippen, um bei den momentanen Horror-Preisen an der Zapfsäule Geld zu sparen? Schließlich kostet ein Liter Pflanzenöl, etwa Rapsöl aus dem Supermarkt, viel weniger als die zwei bis womöglich bald 2,50 Euro, die für einen Liter Dieselkraftstoff an der Tankstelle zu bezahlen sind. Die Antwort lautet: Jein.
Der ADAC warnt vor dem Einsatz des “Supermarkt-Sprits”: “Das größte Problem ist der deutliche Viskositätsunterschied im Vergleich zu herkömmlichem Diesel. Pflanzenöle führen zu Startschwierigkeiten und wirken sich negativ auf Leistung und Lebensdauer des Motors aus.” Weiter heißt es bei dem Autoclub: “Einspritzpumpe und Einspritzdüsen von modernen Dieselfahrzeugen sind nicht für das zähflüssigere Pflanzenöl ausgelegt, wodurch die Verbrennung nicht optimal verläuft. Es ist nicht nur mit verminderter Motorleistung ist zu rechnen, mittelfristig kommen Motor und Kraftstoffsystem zu Schaden.”
Motorenexperte warnt vor möglichen Schäden
Auch einer von Deutschlands bekanntesten Dieselmotor-Experten, Professor Thomas Koch vom KIT in Karlsruhe, warnt vor Salatöl im Tank – zumindest bei den allermeisten Dieselautos: „Die Steuergerätelogik führt durch die veränderten Kraftstoffeigenschaften zu emissionsrelevanten falschen Motoreinstellungen. Das Verkokungsverhalten ist kritischer. Die Zündfähigkeit des Kraftstoffes ist deutlich schlechter. Ferner sind Verunreinigungen als mögliche Katalysatorgifte ein Thema. Pflanzenöle sollten chemisch behandelt werden, entweder verestert oder noch besser wasserstoffbehandelt werden. Dann können sie hervorragend dem Kraftstoff in Anteilen beigemischt werden“, so Koch zu FOCUS Online.
“In den OM615 kann man so ziemlich alles reinschütten”
Etwas anders sieht das allerdings mit alten Dieselautos aus. “Deren Motoren funktionieren mit weitaus geringeren Einspritzdrücken. Zudem haben diese oft keine feinfühlige Sensorik, die Unterschiede im Laufverhalten bei falschem Kraftstoff sofort erkennen. Daher laufen ältere Dieselmotoren mit Verteilereinspritzpumpen zumindest zeitweise mit Pflanzenölen. Die Lebensdauer dieser Motoren wird aber auch hier auf Dauer eingeschränkt“, so die Technik-Experten des ADAC.
Solche Fahrzeuge wurden deshalb manchmal umgerüstet, um den alternativen Kraftstoff besser zu vertragen. Bestimmte Autos, etwa alte Mercedes-Diesel vom Typ 123 mit OM615-Vorkammer-Dieselmotoren, lassen sich durchaus mit “Öl vom Aldi” betanken: “In den OM615/616 kann man so ziemlich alles reinschütten“, sagt Motoren-Entwickler Thomas Koch.
Auch HVO-Diesel kommt ohne fossiles Öl aus
Unabhängiger von fossilem Öl wäre man allerdings auch mit synthetischen Kraftstoffen oder bestimmten Bio-Kraftstoffen. HVO-Diesel etwa ist ein Bio-Diesel der zweiten Generation und wird von den meisten Autoherstellern für den Betrieb in ihren Dieselmotoren freigegeben, zum Beispiel von Audi . Ein bereits verfügbarer HVO-Diesel ist der Kraftstoff “FuelMotion Diesel H”. Er basiert auf Restspeisefetten und -ölen; laut Hersteller ohne Verwendung von Palmöl. Weiterer Vorteil des Kraftstoffes: Er senkt in der CO2-Bilanz die Emissionen des Motors um 90 Prozent und produziert auch weniger Stickoxide. Weitere Möglichkeiten alternativer Kraftstoffe bestehen in sogenannten E-Fuels, die mit Hilfe regenerativer Energien gewonnen werden. Allerdings stehen diese Kraftstoffe derzeit noch nicht in großen Mengen zur Verfügung und sind noch teuer – HVO-Diesel etwa rund 20 bis 25 Cent über dem tagesaktuellen Dieselpreis.