Er melkte Kühe und schickte sie zum Schlachter. Dann wuchsen die Zweifel und er kehrte der Nutztierhaltung den Rücken.
Toni Kathriner ist ein Bauer, wie er im Bilderbuch steht: Kräftig, mit schwarzem Edelweisshemd, am Ohrläppchen ein goldener Kuh-Ohrstecker. Er ist ein bodenständiger Typ, aufgewachsen auf einem Bergbauernhof.
Vor knapp zehn Jahren übernimmt er mit seiner Frau Yvonne den Hof ihrer Eltern, ein Milchbetrieb mit 50 Kühen.
«Vor vier Jahren haben wir mit dem Melken aufgehört», sagt Toni Kathriner. «Wir haben es nicht mehr übers Herz gebracht, den Kühen jedes Mal ihr frischgeborenes Kalb wegzunehmen.»
MILCHMASCHINE KUH!
Damit eine Kuh Milch gibt, muss sie ein Kalb haben. Dieses nimmt man ihr wenige Tage nach der Geburt weg, so dass die Kuh möglichst effizient gemolken werden kann. Das Kalb wird gemästet, dann geschlachtet – sofern es sich zur Mast eignet. Wenn nicht, wird es getötet. Wenige Wochen nach der Geburt wird die Kuh erneut geschwängert. Der Milchkreislauf geht weiter.
«Kühe und Kälber rufen nach der Trennung tagelang nacheinander», erklärt Toni Kathriner. «Es ist unverständlich, wie man meinen kann, einem Tier mache das nichts.»
Kathriner sattelte auf die Fleischproduktion um, auf die so genannte «Mutterkuhhaltung». Kälber können zehn Monate bei der Mutterkuh bleiben, bevor sie geschlachtet werden.
«Die Milchproduktion hat immer den Tod im Gepäck und zwar brutal. Uns erschien die Fleischproduktion mit der Mutterkuhhaltung sanfter.»
Trotz Mutterkuhhaltung bei Kathriner wuchsen die Zweifel weiter. Im September vor zwei Jahren war es soweit. Ein Schlachttransporter kam zum Hof, holte ein paar Rinder ab und Kathriner wusste: «Das waren die Letzten.»
«Bei mir melden sich pro Woche zwei bis fünf Bauern oder Bäuerinnen», so Heiligtag. «Manche wollen nur einen kleinen Input, wie sie den Anteil von Obst, Gemüse oder Lupinien vergrössern können, andere wollen ganz aus der Nutztierhaltung aussteigen, so wie Toni.»
Aber funktioniert das finanziell? Ja, meint Kathriner. Er bekommt weiter Direktzahlungen vom Bund, diese sind flächengebunden und unabhängig von der Nutztierhaltung, er hat den Obstanbau ausgebaut und der Betrieb lebt nun auch von Patenschaften.
Einige seiner ehemaligen Nutztiere haben jetzt also einen Götti oder eine Gotte. Eine Vollpatenschaft kostet 250 Franken pro Monat.
Ist Toni Kathriner jetzt abhängig von Almosen? «In diesem System ist niemand unabhängig. Früher war ich genau so abhängig wie ich es heute bin. Mit dem Unterschied, dass ich früher den Tod verkaufte. Heute verkaufe ich das Leben.»
Quelle:
srf.ch