Mein Freund und mein Arzt: „Wald“

Der Wald.

Ich liebe Bäume und Wälder seit ich denken kann, ich liebe sie innig. Sie waren mir in unzähligen schwierigen Lebenssituationen Freunde und zuverlässig wirksame Tröster und Helfer. Wie oft fuhr ich in „meinen“ Wald, wenn ich verzweifelt war, wanderte dort eine oder zwei Stunden und setzte mich auch hin – und war wieder froh des Lebens oder doch wieder vernünftig handlungsfähig.

 

Der vorliegende Artikel in „Zentrum der Gesundheit“ will etwas Gutes, er weist auf die Heilkräfte der Wälder hin.

 

Dass heute ein solcher Artikel jedoch überhaupt erscheint, lässt rückschliessen, dass viele Menschen den wunderbaren Freund „Wald“ vergessen haben, und es zeigt, wie komplett übergeschnappt naturentfremdet ein Teil der Menschheit ist. Das weckt meine Beisslust.Also nichts gegen „Zentrum der Gesundheit“, nichts gegen den Waldspaziergang, jedoch…siehe Kursives.

 

Mein Arzt, der Wald

(Zentrum der Gesundheit) – Waldspaziergänge könnte es bald auf Rezept geben. Japanische Forscher entdeckten die positiven Wirkungen von Waldspaziergängen, so dass man jetzt in Fernost eifrig dabei ist, Wälder in Therapiezentren umzuwandeln.

Merke: Um zu entdecken, dass ein Waldspaziergang positive Wirkung zeitigt, musst du Forscher sein.

Waldspaziergang auf Rezept. Geil. Wenn ich inn Wald will, geh ich zum Tokter und bekomm von der Krankenkasse Kohle?

Mein Papa, der Landtokter, der hat Menschen, welche wegen Bewegungsarmut schwach oder nervös oder es bitzeli kränkelig waren, einfach angeschnauzt, sie sollen täglich eine Stunde stramm spazieren gehen und hat sie hinauskomplimentiert. Behandlungskosten null.

Zurück zu den im Entstehen begriffenen Zenteren.

Als gefügiger Leser sehe ich nach obiger Ansage auf einem Viertel (oder ist’s ein Drittel?) der Landfläche unserer Erde, eben in Fernost, all überall Waldtherapiezentren WTZ entstehen.

 

WTZ? Ich werde mal den Ortsvorsteher fragen, LoL.

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Eintauchen ins Waldbad

In Japan nennt sich der neueste Therapie-Hit shinrin yoku oder forest bathing, zu Deutsch „Waldbaden“.

Ich lerne. Ein heilender Waldspaziergang ist heute ein Shinrin yoku. Zudem ist ein Waldspaziergang kein Waldspaziergang, nein, er ist Therapie.

Da fährt mir mein Waldspaziergang doch gleich viel kräftiger heilend ein.

Neueste Forschungen über die positiven Effekte von einem Spaziergang im Wald haben die Japaner davon überzeugt, dass Wälder Therapiezentren werden sollten.

 

Therapiezentren.

Autobahnen also für die Kranken, welche zum Waldrand führen. Dort Gebäude für die Patienten, welche Eintritt bezahlen und denen erklärt wird, dass im Wald Bäume stehen, und dass man beim Spazieren immer abwechselnd das linke und das rechte Bein nach vorne schwingen muss.

In sog. Outdoor-Kliniken kann man sich nach der üblichen Voruntersuchung zum „Baden“ in den Wald begeben.

Uff. Ich hab’s richtig getroffen. Eine Voruntersuchung! Eigentlich schon wahr. Spazieren ohne vorher beim Weisskittel gewesen zu sein, das ist sinnentleert.

Doch lerne ich dazu. Spazieren ist nicht. Baden ist angesagt. Trockenbaden sozusagen.

Damit ist natürlich kein Wasserbad gemeint, sondern das Eintauchen in die Umgebung „Wald“.

Gut, dass das festgehalten wird. Medizingläubige Japaner würden sonst die Badehose anziehen, sich auf den Waldboden schmeissen und Schwimmbewegungen machen, nehme ich an.

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Wälder gegen Krebs

Im Jahr 2004 wurden die wohltuenden Auswirkungen des Waldbadens in einem medizinischen Experiment nun auch wissenschaftlich konkretisiert und bewiesen. Gemeinschaftlich hatten die japanische Behörde für Forstwirtschaft, das Forschungsinstitut für Wald und Waldprodukte und das Zentrum für Medizin Nippon eine Studie in die Wege geleitet, mit der die physiologischen Effekte des Waldbadens näher erforscht werden sollten.

 

Dr. Qing Li, Assistenzprofessor am Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit im Zentrum für Medizin Nippon, fasste begeistert die Resultate dieser Untersuchung zusammen. Spazierengehen im Wald fördere sowohl die Entstehung von drei verschiedenen Anti-Krebs-Proteinen als auch die Bildung ungewöhnlich hoher Mengen natürlicher Killerzellen (NK-Zellen), die ebenfalls dafür bekannt sind, Krebszellen aufzuspüren und diese zu attackieren.

Dr. Li erklärte, dass Pflanzen bestimmte Stoffe – sog. Phytonzide – bildeten, mit deren Hilfe sie sich selbst vor Bakterien und Insekten schützten. Diese Phytonzide würden an die Luft abgegeben. Wenn nun Menschen in der Natur und insbesondere im Wald spazieren gingen und diese Phytonzide einatmeten, dann führte das zu einer deutlichen Vermehrung der NK-Zellen im Körper.

 

Dr. Li beobachtete zwölf Männer im Alter von 37 bis 55 Jahren, die unter einer starken Stresssituation litten und zum Spazierengehen in den Wald geschickt wurden. Bereits am ersten Tag hatte sich die Aktivität ihrer NK-Zellen um 26,5 Prozent erhöht, am zweiten Tag schon um sagenhafte 52,6 Prozent.

 

Nach solcher Lektüre bin ich einfach platt. Weisskittel Dr. Qing Li. Wenn der das sagt, dann wird es so sein. Phytonzide also. Und der Beweis wird geliefert! Versuchskaninchen kamen nach nur einem Tag mit um 26,5  aktiveren NK Zellen raus. Wie misst man Aktivität? Wie lässt das sich in Prozent ausdrücken? Bin wieder mal zu dumm.

 

 

Wälder senken Blutdruck und Puls

In einer weiteren Studie mit 280 Teilnehmern schickte man die Hälfte für einige Stunden in den Wald und die andere Hälfte in die Stadt. Anschliessend wurden beide Gruppen untersucht und was stellte man fest? Die Waldmenschen erfreuten sich im Gegensatz zu den Stadtmenschen eines auffallend niedrigen Blutdruckes, eines niedrigen Stresshormonspiegels und eines niedrigen Pulses.

 

Sowas nennt sich heute „Studie“.

Ich messe bei 280 Leuten den Blutdruck, schicke sie in den Wald, messe wieder und gebe den Unterschied bekannt. Vermutlich brauche ich eine Professur, um solche „Studie“ durchführen zu können?

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Der blosse Anblick eines Waldes beruhigt und reduziert Stresshormone

Neeein, wer hätte sowas gedacht? Wärst du auf diese Idee gekommen, lieber Leser? Also für mich vollkommen überraschend, das.

Im Wald begegnet man natürlich nicht nur den Phytonziden,

schon wieder eine revolutionäre Erkenntnis, hatte ganz vergessen, dass dort Bäume sind.

die ja eher unbewusst aufgenommen werden. Sobald man den Wald betritt und in das satte Grün der Bäume und Wiesen eintaucht, duftet es nach Blumen, Kräutern und dem feuchten Waldboden. Das Laub raschelt unter den Füssen, Vögel singen, Bäche plätschern, Flüsse rauschen und die Sonne schickt einzelne Strahlen durch das dichte Blätterwerk. Allein das Licht-und-Schattenspiel der Sonne auf den Blättern habe eine ungemein beruhigende Wirkung, so Yoshifumi Miyazaki, der Direktor des Zentrums für Umwelt, Gesundheit und Agrarwissenschaft von der Universität Chiba.

 

 

Was der Herr Direktor behauptet, das bezeuge ich.

Dass es aber einen Direktor eines Zentrums für Umwelt und Agrarwissenschaft an einer Universität braucht, um mir zu erklären, dass im Wald das Laub unter meinen Füssen raschelt, das lässt mich mich kneifen, ob ich wache oder träume.

Als Japans führender Wissenschaftler im Bereich der Waldmedizin fand Miyazaki heraus, dass der Stresshormonpegel bei Menschen, die einen Wald nur anschauten, bereits um 13,4 Prozent niedriger war als zuvor.

Stresshormonpegel um 13,4 (dreizehn komma vier) Prozent niedriger. Nicht etwa 13,5%, nicht etwa spürbar niedriger.

Was die Patienten spüren, das ist nicht von Interesse. Hauptsache, da sind Prozente.

„Wir wurden so geschaffen, dass wir in eine natürliche Umgebung passen“, fasste Miyazaki seine Erkenntnisse zusammen. „Wenn wir uns inmitten der Natur aufhalten, werden unsere Körper wieder zu dem, was sie einmal waren.“

Ich pflichte dem bei. Und wie.

 

Doch achtung!

Das Gesagte gilt erst, es von Professoren verkündet wird.

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Medizinische Untersuchung unter Bäumen

Der Natürliche Erholungswald Akazawa (Akazawa Natural Recreation Forest) in Agematsu(2), wo das Konzept des Waldbades bereits im Jahre 1982 entstand, wurde 2006 offiziell als Wald-Therapie-Zentrum anerkannt.

Anerkannt.

Wäre er nicht anerkannt, dann würde dir der Wald nicht helfen. Da sind Wälder nämlich akkurat. Du könntest ein Jahr darin rumlatschen, du wärst immer noch das gleiche Nervenbündel. Genau ausgedrückt muss es heissen:

 

„Seit der Akazawa-Wald als Wald-Therapie-zentrum anerkannt ist, hat er auf Menschen heilende Wirkung.“

 

So ist das nämlich.

 

Ein Wald-Therapie-Zentrum bietet typischerweise Spazierwege, Gesundheitsprogramme und geführte Wanderungen. Wer möchte, kann sich auch direkt unter den Bäumen kostenfrei untersuchen lassen.

 

Bitte um Verzeihung, wenn meine Phantasie hier abgleitet. Das sei also ein Therapiezentrum. Therapien in unserer heutigen Welt kosten, vorzugsweise sind sie schweineteuer. Und „direkt unter dem Baum“, dort also werde ich kostenfrei untersucht? Dazu sage ich nichts, sonst heisst es wieder, ich habe eben nur ein Thema.

 

Geführte Wanderungen.

Alleine durch den Wald gehen, das bringt nix. Je grösser die Gruppe, desto besser. Hoffentlich bekommen die Teilnehmer Kopfhörer, und der Gruppenleiter spricht sie per Funk an?

 

Selbstverständlich brauchen wir nicht extra auf die Einrichtung von speziellen Wald-Therapie-Zentren zu warten, um all die wundervollen Eindrücke und Auswirkungen der Natur zu geniessen. Es gibt praktisch keinen plausiblen Grund, jetzt – nach diesem Text – noch länger vor dem Bildschirm zu sitzen. Ich jedenfalls bin schon weg – auf dem Weg ins nächste Waldbad.

 

 

Thom Ram

Wir sollten die Liebe teilen
  
          

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